Den Rücken sanft aufrichten

Kennst du vielleicht auch solche Sätze wie „Steh/ Sitz gerade!“ oder „Lass dich nicht so hängen!“ oder es macht sich gar schon ein leichter Buckel in deinem Rücken bemerkbar? – Die landläufige Meinung ist dabei meist folgende: Wir müssen unsere Rückenmuskeln kräftigen, damit sie unseren Rücken aufrichten.

Dabei wird leider ein entscheidender Punkt vergessen. Unser Bewegungsapparat ist immer so aufgebaut, dass jeder Muskel auch einen Gegenspieler hat, d.h. einen Muskel, der die gegenteilige Funktion erfüllt. Wir haben z.B. am Arm den bekannten Bizeps, welcher unseren Ellenbogen beugt. Auf der Armrückseite befindet sich der Trizeps, welcher den Ellbogen streckt. Für einen koordinierten Bewegungsablauf bedarf es der Aktivität beider Muskeln. Wenn ein Muskel anspannt, so muss gleichzeitig der gegenüberliegende Muskel in seiner Spannung nachgeben und Länge zulassen, damit es zu einer Bewegung kommen kann.

An unserem Rumpf haben wir zwei globale Gegenspieler: die Rückenmuskeln an unserer Rückseite und die Bauchmuskeln an unserer Vorderseite. Auch hier müssen beide Muskelgruppen harmonisch miteinander zusammen arbeiten, damit wir unsere Wirbelsäule geschmeidig bewegen können.

Fällt es uns schwer, unseren Rücken aufzurichten, dann liegt es selten an zu schwachen Rückenmuskeln, sondern meist daran, dass die Muskeln an unserer Körpervorderseite dominieren und zu stark angespannt sind. Sie ziehen uns nach vorne, lassen uns etwas schrumpfen und schränken sogar unsere Brust- und Bauchorgane in ihrer Bewegungsfreiheit ein.

Mit der folgenden Übung lernst du die Muskeln an deiner Körpervorderseite und deiner Rückseite wieder in Balance zu bringen, so dass sie im Team zusammenarbeiten können und deinen Rücken aufrichten.

Du wirst dir deiner Bauchmuskeln wieder bewusst und dein Gehirn gewinnt wieder die Kontrolle über sie, damit sie anspannen, wenn sie gebraucht werden und wieder entspannen, wenn es nötig ist.

Die Übung sieht zunächst aus wie der gewöhnliche sit-up, entscheidet sich aber gänzlich davon. Indem wir den Bewegungsablauf so bewusst und einfach wie möglich machen, können wir die wechselseitige Anspannung und Entspannung unserer vorderen und rückwärtigen Rumpfmuskulatur wahrnehmen. Das Gehirn fühlt sich angesprochen und es kann zu einer Neuprogrammierung der Muskeln kommen. Die Wirbelsäule richtet sich automatisch auf und wir fühlen uns vielleicht ein bisschen größer hinterher. Der Atem kann freier fließen und die Verdauungsorgane können wieder arbeiten, weil sie mehr Raum zur Entfaltung bekommen haben und nicht mehr durch angespannte Bauchmuskeln bedrängt werden.

Übung: den Rücken sanft aufrichten

Lege dich auf deine Matte und nimm einen Moment wahr, wie du auf dem Boden aufliegst. Welche Körperteile von dir berühren deutlich den Boden, welche nur leicht und welche haben gar keinen Kontakt zum Boden?

Beobachte nur – verändere nichts!

Stelle ein Bein nach dem anderen hüftbreit geöffnet auf, so wie es für dich angenehm ist.

Bringe deine Hände mit gefalteten Fingern hinter deinen Kopf. Deine Hände bilden eine Schale, in die sich dein Kopf entspannt reinlegen kann. Bringe deine Ellbogen in Richtung Decke. Du atmest ein und drückst dein Steißbein sanft in die Matte, dein unterer Rücken macht einen Bogen und dein Bauch wird weit. Beim Ausatmen kommt dein Rücken langsam wieder zum Boden zurück, während du mit den Händen geführt deinen Kopf etwas vom Boden abhebst und die Ellbogen in Richtung Knie gehen – sie sollen nicht die Knie berühren – es ist kein sit-up. Deine Bauchmuskeln verkürzen sich dabei vorne und deine Rückenmuskeln gehen in die Länge. Wieder zurück kommen auf die Matte und entspannen. Dann beginnt die Bewegung von neuem.

Bauchmuskeln bewusst verkürzen, Rücken entspannen

Mach die Bewegung mit sowenig Anstrengung wie möglich. Lass deinen Nacken ganz locker. Der Kopf kommt umso leichter hoch, je mehr sich deine Rippen mitbewegen können und du deinen Brustkorb in den Boden einsinken lassen kannst.

Spüre, wie sich im Wechsel mal die Körpervorderseite weitet und gleichzeitig die Rückseite verkürzt und im nächsten Moment die Körperrückseite verlängert, während sich die Vorderseite verkürzt.

Rückenmuskeln verkürzen, Bauch entspannen

Strecke die Beine wieder aus, lege die Arme seitlich neben dem Körper ab und ruh dich aus.

Im nächsten Durchgang kannst du eine Variation mit den Armen machen, um noch mehr deinen Brustkorb vorne zu öffnen.

Wenn du einatmest und dein Steißbein sanft in den Boden drückst, dann lass gleichzeitig deine Ellbogen nach außen streben, so dass sie sich wie Schmetterlingsflügel öffnen. Beim Ausatmen kommen sie wieder zur Mitte zurück und du hebst wie oben deinen Kopf unter der Führung deiner Hände an und verkürzt bewusst deine Vorderseite. Lenke den Fokus auf deine Rippen und nimm wahr, wie sie bei der Bewegung mitbeteiligt sind. Wenn du hochkommst, dann nähern sie sich seitlich an und beim Ablegen vergrößert sich der Abstand zwischen den Rippen. So kannst du wunderbar deinen Brustkorb mobilisieren und Raum für die Atmung schaffen!

Rückenmuskeln verkürzen, Bauch- und Brustmuskeln entspannen, Brustkorb öffen

Lege nach ein paar Wiederholungen dich wieder ab und spüre noch einen Moment nach. Wenn du später aufstehst, dann nimm deine Wirbelsäule bewusst wahr. Wie groß fühlst du dich? Wie aufrecht stehst du da? Du kannst gerne vor und nach der Übung dich einmal im Spiegel betrachten.

Hier findest du das Video zum Blogartikel „den Rücken sanft aufrichten“

Ich freue mich, wenn du deine Erfahrungen mit mir teilst. Schreibe mir gerne auch, ob du zu einem bestimmten Thema eine Übung kennenlernen möchtest.

Herzliche Grüße,

Silke

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